Autosomal-dominante Erbleiden beim Menschen

Autosomal dominante Erbleiden beim Menschen

Autosomal heißt, dass das betreffende Gen auf einem Autosom liegt und die Krankheit also unabhängig vom Geschlecht vererbt wird. Dominant bedeutet, dass die Krankheit dominant vererbt wird, das heißt, die Vererbung entspricht einem dominant-rezessiven Erbgang. Die Merkmalsträger können also homozygot (AA) oder heterozygot (Aa) sein. Homozygote Merkmalsträger sind jedoch selten, weil sie oft nicht lebensfähig sind oder nur eine geringe Lebenserwartung haben. Bei heterozygoten Merkmalsträgern kompensiert das intakte rezessive Allel den Gendefekt teilweise.

Autosomal-dominante Erbleiden sind z.B.

· Kurzfingrigkeit 
· Vielfingrigkeit 
· Neurofibromatose 
· Marfan-Syndrom 
· Chondrodystropher Zwergwuchs

Kurzfingrigkeit und Vielfingrigkeit lassen sich relativ schnell beschreiben:

Kurzfingrigkeit (Fachbegriff: Brachydaktylie) tritt mit einer Häufigkeit von 1: 170 000 auf. Bei der Kurzfingrigkeit entwickeln sich beide Hände des Menschen auf Grund eines Fehlers in der Erbinformation nicht normal. Einzelne oder mehrere Finger sind an beiden Händen verkürzt. Entweder hört das mittlere Fingerglied vorzeitig aufzuwachsen und verschmilzt mit dem vorderen Glied, so dass der Finger nur ein Gelenk hat oder die Finger- und Mittelhandknochen sind so sehr verkürzt, dass die Hand stummelförmig erscheint.

Bei der Vielfingrigkeit (Fachbegriff: Polydaktylie) hat das Neugeborene überzählige Finger oder Zehen. So wird z.B. einfach ein Finger verdoppelt. Vielfingrigkeit tritt zwar ziemlich häufig auf (1: 5 000), wird jedoch relativ selten bei Erwachsenen gesehen, weil die überzähligen Finger oder Zehen im Kleinkindalter durch einen einfachen chirurgischen Eingriff entfernt werden können.

Neurofibromatose

Die Ursache der Neurofibromatose (Häufigkeit 1: 3000) liegt in einem Fehler im Bauplan der Nervenzellen. Dies führt dazu, dass das Gewebe um die betroffenen Nervenzellen haltlos wuchert. Die Wucherung kommt zwar irgendwann von selbst zum Stillstand, jedoch meist erst, wenn es schon zu Missbildungen gekommen ist. Eine chirurgische Behandlung ist jedoch extrem schwierig, weil die enorm vergrößerten Nerven auf keinen Fall verletzt werden dürfen. Neurofibrome (so nennt man diese gutartigen Geschwülste) können am ganzen Körper auftreten, weil überall Nerven sind. Bei der Neurofibromatose muss man zwei Typen unterscheiden: Bei Typ 1 liegt die Ursache in einer Genveränderung auf Chromosom 17, bei Typ 2 in einer Veränderung auf Chromosom 22. Bei Typ 1 findet man Merkmale wie *zahlreiche sogenannte Café-au-lait Flecken (hellbraune Flecken auf der Haut), *Wirbelsäulenverkrümmung, *Knötchen auf der Iris und *Lern-, Leistungs- und Verhaltensstörungen. Bei Typ 2 findet man nur wenige Café-au-lait Flecken und es kommen Tumore am Hörnerv, an der Wirbelsäule und im Gehirn vor. 50 % aller auftretenden Fälle werden vererbt, die anderen 50 % sind sogenannte Spontanmutationen. Bisher kann man noch keine Vorhersage über den Krankheitsverlauf machen. Es ist also durchaus möglich, dass Betroffene ohne ernsthafte Anzeichen Kinder bekommen, die dann schwer erkranken.

Marfan-Syndrom

Das Marfan-Syndrom ist eine seltene Erbkrankheit, die das Bindegewebe betrifft und in der Bevölkerung mit einer Häufigkeit von 1: 50 000 auftritt. Die Ursache dieser Krankheit ist ein fehlgebildetes Protein, das am Aufbau der Bindegewebsfasern beteiligt ist. Das Bindegewebe kann seine Aufgaben (z.B. den Körper zusammenzuhalten) nicht erfüllen. Die Folgen davon sind

· sogenannte Spinnenfingrigkeit (extreme Überlänge von Armen, Beinen, Fingern und Zehen) 
· Verkrümmung der Wirbelsäule und des Brustkorbs 
· stark überdehnbare Bänder und Sehnen der Gelenkkapseln (z.B. normaler Mensch kann die Hand max. um 90° gegen den Unterarm abbiegen; Marfan-Patient: 120°) 
· schwache Muskulatur 
· durch Überdehnung und Wandrisse gefährdete Blutgefäße 
· Deformation von Augapfel und Linse (stark herabgesetztes Sehvermögen)

Diese Symptome treten jedoch nicht immer auf. Es kommt vor, dass ein Merkmalsträger sogar symptomfrei bleibt. Meist tritt die Krankheit jedoch in der Folgegeneration wieder manifestiert auf. Dies nennt man unvollständige Penetranz. Dadurch wird die Krankheit oft nicht erkannt. Sie ist zwar unheilbar und nur begrenzt behandelbar, jedoch unerkannt kann sie zum plötzlichen Tode führen.

Chondrodystropher Zwergwuchs

Der international verwendete Begriff für diese Krankheit (Häufigkeit 1: 50 000) lautet Achondroplasie. Die Ursache des Zwergwuchses ist die mangelhafte Knorpelbildung in der Wachstumszone am Ende der Röhrenknochen, die für das Längenwachstum verantwortlich ist. Die Körper der Betroffenen wirken unproportioniert, da Kopf und Rumpf normal groß sind, die Extremitäten jedoch stark verkürzt und verdickt sind. Auffallend sind das verengte, platte Becken und die eingesunkene Nasenwurzel (Sattelnase). Intelligenz und geistige Entwicklung sind normal. Viele zwergwüchsige Menschen wurden durch Zirkus- und Fernsehauftritte bekannt, wie z.B. der Zirkusclown und Schauspieler Gothard Dietrich.

Weitere Beispiele für autosomal-dominante Erbleiden

· Spalthände und Spaltfüße 
· Erbliche Knochenbrüchigkeit 
· Muskeldystrophie (vom Schultergürtel ausgehender Zerfall der Muskulatur) 
· Veitstanz (Nervenkrankheit mit Muskelkrämpfen und geistigem Zerfall) 
· Erblicher Augenkrebs 
· Erbliche Nachtblindheit 
· Erbliche Mittelohrschwerhörigkeit 

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